Gerolzhofen - In einer mobilen Brandsimulationsanlage, einem so genannten Brandcontainer, konnten bei der Stützpunktfeuerwehr Gerolzhofen Atemschutzgeräteträger von 15 Wehren aus dem Landkreis Schweinfurt und den benachbarten Landkreisen Haßfurt, Kitzingen und Bamberg unter realistischen Bedingungen die Brandbekämpfung in geschlossenen Räumen üben.
Die Zahl von Brandeinsätzen nimmt zwar in der Statistik der Feuerwehren im Vergleich zu den technischen Hilfeleistungen ab, aber gerade Brände in geschlossenen Räumen gehören mit zu den gefährlichsten Einsätzen, denen sich die Brandschützer stellen müssen. Vor allem die Atemschutzgeräteträger, die bei Wohnungs-, Keller- oder Hallenbränden im Innenangriff eingesetzt werden, riskieren häufig nicht nur ihre Gesundheit, sondern ihr Leben, um das anderer Menschen zu retten oder Sachwerte zu schützen. Jahr für Jahr sterben bei solchen Einsätzen Wehrleute, andere tragen teils schwerste Verletzungen davon.
Doch gerade durch die relativ geringe Zahl derartiger Einsätze haben vor allem die Freiwilligen Feuerwehren heute immer seltener die Möglichkeit, die notwendige Einsatzerfahrung zu sammeln. Diese kann auch bei herkömmlichen Übungen nur unzureichend vermittelt werden. Denn strenge Umweltschutzauflagen und Sicherheitsrichtlinien machen es den Wehren in Deutschland fast unmöglich, zu Übungszwecken Brandbekämpfung realitätsnah mir "richtigem" Feuer zu üben, indem beispielsweise in Abbruchshäusern Zimmerbrände simuliert und Wohnungseinrichtungen in Brand gesetzt werden. Junge Atemschutzgeräteträger werden so bei Wohnungsbränden nicht selten das erste Mal in der Praxis mit den Bedingungen konfrontiert, die sie während ihrer Ausbildung schon bis zur Erschöpfung kennen gelernt haben: lodernde Flammen, Temperaturen von mehreren Hundert Grad Celsius, pechschwarzer, hochgiftiger Rauch, Rauchgasrückzündungen und nicht zuletzt der Rettung akut gefährdeter Personen.
Zwar gibt es mittlerweile in Deutschland mehrere "Brandhäuser", Übungs-Gebäude, die teilweise einer Feuerwehrschule angegliedert sind und in denen Wohnungsbrände nachgestellt werden können. Doch diese sehr teuren und in ihrer Technik recht störungsanfälligen Anlagen sind schon jetzt überlastet und reichen bei Weitem nicht aus, um flächendeckend alle Wehren mit genügend Übungskapazitäten zu versorgen. So sind beispielsweise die Wartelisten für die heiß begehrten Lehrgangsplätze im gut zwei Jahre alten Brandhaus in Würzburg - dem einzigen in Bayern - sehr lang.
Um diesem Mangel entgegen zu wirken, haben mehrere ausländische und mittlerweile auch deutsche Firmen aus dem Bereich der Sicherheitstechnik mobile Brandsimulationsanlagen unterschiedlicher Größe und Ausstattung entwickelt. Zumeist sind die Anlagen als Lkw-Anhänger oder Sattelauflieger konzipiert und somit völlig ortsunabhängig einsetzbar.
Die Anlage, die jüngst in Gerolzhofen für drei Tage Station machte, gehört der Firma National Fire Training Systems (NFTS) mit Sitz in Teltow bei Berlin. Der Jumbo-Auflieger, der in Gerolzhofen zum Einsatz kam, misst 13,50 Meter in der Länge und der Container hat einen Rauminhalt von 100 Kubikmetern. Im Innern sind in variabler Gestaltung die Simulation von Keller-, Werkstatt- und Zimmerbränden möglich. Auch ein brennender Schalterkasten sowie eine in Flammen zu setzende Industrie-Gasanlage gehören mit zur Ausstattung. Somit können beinahe alle Brandsituationen simuliert werden, mit denen sich die Einsatzkräfte auch in der Realität konfrontiert sehen. In jedem Raum befinden sich mehrere Brandstellen, die mit Propangas umweltschonend befeuert werden. Der Atemschutztrupp betritt die mehrere Hundert Grad heißen und vernebelten Räume der Anlage vom Dach her, um gleichzeitig den Abstieg in einen brennenden Keller zu üben. Bei 475 Grad Celsius schaltet die Anlage automatisch ab. Allerdings können bei künstlich ausgelösten Rauchgasrückzündungen, den im Ernstfall für die Retter extrem gefährlichen Flash-Over, kurzzeitig Temperaturen von bis zu 800 Grad Celsius erreicht werden. Im Vergleich dazu: Pizzas backen im heimischen Backofen bei gut 200 Grad.
Gepaart mit der Möglichkeit, bestimmte Einsatzszenarios auf die individuellen Anforderungen der übenden Wehren abgestimmt zu simulieren, stellt der Brandcontainer höchste Anforderungen an die Atemschutzgeräteträger. Neben der physischen Anstrengung kommt noch die psychische Belastung in dem teils verwinkelt gebauten Container hinzu, so dass jeder Teilnehmer nach rund 20-minütigem Einsatz einen guten Überblick über seinen persönlichen Leistungsstand erhält. So gehört eine Übungsbesprechung unmittelbar nach dem Durchgang im Brandcontainer auch fest zum Ablauf mit dazu. Entdeckte Fehler können so von den Ausbildern direkt angesprochen werden, Fehler, die im Ernstfall über Leben und Tod der Einsatzkräfte entscheiden können.
Von Michael Mößlein
(Quelle: Main-Post)