Der Landesfeuerwehrverband Bayern informiert:
Änderung des § 32 BGB Digitale und hybride Mitgliederversammlungen
Für Mitgliederversammlungen, aber auch für Gremiensitzungen (Vorstand, Verwaltungsrat, Ausschuss) war bis zum 20.03.2023 grundsätzlich ein Präsenztreffen vorgeschrieben.
Durch das Gesetz zur Ermöglichung digitaler Mitgliederversammlungen im Vereinsrecht sind seit dem 21.03.2023 auch virtuelle bzw. digitale Mitgliederversammlungen sowie Mischformen möglich.
Wortlaut des § 32 BGB:
§ 32 Abs. 1 BGB
Die Angelegenheiten des Vereins werden, soweit sie nicht von dem Vorstand oder einem anderen Vereinsorgan zu besorgen sind, durch Beschlussfassung in einer Versammlung der Mitglieder geordnet. Zur Gültigkeit des Beschlusses ist erforderlich, dass der Gegenstand bei der Berufung bezeichnet wird. Bei der Beschlussfassung entscheidet die Mehrheit der abgegebenen Stimmen.
§ 32 Abs. 2 BGB
Bei der Berufung der Versammlung kann vorgesehen werden, dass Mitglieder auch ohne Anwesenheit am Versammlungsort im Wege der elektronischen Kommunikation an der Versammlung teilnehmen und andere Mitgliederrechte ausüben können (hybride Versammlung). Die Mitglieder können beschließen, dass künftige Versammlungen auch als virtuelle Versammlungen einberufen werden können, an der Mitglieder ohne Anwesenheit am Versammlungsort im Wege der elektronischen Kommunikation teilnehmen und ihre anderen Mitgliederrechte ausüben müssen. Wird eine hybride oder virtuelle Versammlung einberufen, so muss bei der Berufung auch angegeben werden, wie die Mitglieder ihre Rechte im Wege der elektronischen Kommunikation ausüben können.
§ 32 Abs. 3 BGB
Auch ohne Versammlung der Mitglieder ist ein Beschluss gültig, wenn alle Mitglieder ihre Zustimmung zu dem Beschluss schriftlich erklären.
Was heißt das in der Umsetzung?
1.
Gibt es im Verein bereits Satzungsregelungen zu virtuellen und/oder hybriden Mitgliederversammlungen, gelten diese und nicht der neue § 32 BGB. Denn dieser ist gemäß § 40 BGB eine „nachgiebige“ Regelung, was bedeutet, dass vom Gesetz abweichende, anderslautende Satzungsregelungen vorgehen.
2.
In § 32 Abs.1 S.1 BGB heißt es, dass Mitglieder auch ohne Anwesenheit am Versammlungsort im Wege der elektronischen Kommunikation an der Versammlung teilnehmen und andere Mitgliederrechte ausüben können (hybride Versammlung).
Das bedeutet, dass es immer!!! einen Versammlungsort geben muss. Eine rein virtuelle Versammlung ist nach dieser Bestimmung nicht möglich.
Ohne eine entsprechende Satzungsregelung kann also nur eine hybride Versammlung durchgeführt werden, bei der ein Teil der Mitglieder persönlich erscheint und ein Teil der Mitglieder sich im Wege der elektronischen Kommunikation beteiligt.
3.
Das Gesetz spricht nur davon, dass die Mitglieder dabei „im Wege der elektronischen Kommunikation an der Versammlung teilnehmen und andere Mitgliederrechte ausüben können“.
Das lässt diverse Möglichkeiten offen: Videokonferenzen mit Apps wie Microsoft Teams, Zoom, Skype oder FaceTime, reine Telefonkonferenzen, Chat-basierte Meetings, die Abstimmung über Projekttools oder sogar per E-Mail.
Nähere Einschränkungen fehlen. Hier werden letztlich wohl die Gerichte genauere Anforderungen festlegen müssen.
4.
Die neue Regelung ermöglicht es demjenigen, der die Mitgliederversammlung einberuft, die virtuelle Teilnahme und die Ausübung der Mitgliedsrechte zu organisieren. Dabei ist zu prüfen, ob eine hybride Versammlung technisch umgesetzt werden kann, d.h.
➢ Ist die Internetverbindung ausreichend?
➢ Welche Software kommt zum Einsatz und ist diese Datenschutzkonform und ermöglicht eine geheime Abstimmung?
➢ Wie sehen und hören die Online- Teilnehmer die Präsenzteilnehmer (Kamera, Mikrofone)?
➢ Wie sehe die Präsenzteilnehmer die Online- Teilnehmer (Bildschirm)?
➢ Wie sieht der Versammlungsleiter die Online- Teilnehmer?
5.
In der Regel trifft die Entscheidung, ob die Mitgliederversammlung in Präsenz oder hybrid stattfindet, der Vorstand als das für die Einladung zuständiges Organ.
Allerdings kann nach § 32 Abs. 2 S. 2 BGB die Mitgliederversammlung beschließen, dass zukünftige Versammlungen rein virtuell stattfinden. Damit wäre eine Teilnahme in Präsenz ausgeschlossen.
Diese Regelung wird durchaus als kritisch gesehen, da nicht mehr der Vorstand entscheidet, wie getagt wird, sondern die Mitglieder. An deren Beschluss ist der Vorstand so lange gebunden, bis die Mitgliederversammlung wieder etwas anderes beschließt.
Damit ist trotz der Neufassung des § 32 BGB eine Regelung in der Vereinssatzung empfehlenswert.
Die folgende Musterformulierung stammt von Herrn Rechtsanwalt Michael Röcken, einem Spezialisten auf dem Rechtsgebiet der Non-Profit-Organisationen (Vereine und Verbände, Stiftungen und gemeinnützige Organisationen).
§… Mitgliederversammlung
(1) Der Vorsitzende lädt zur Mitgliederversammlung schriftlich oder in Textform mit einer Frist von vier Wochen unter Angabe der vorläufigen Tagesordnung ein.
(2) Die Einladung gilt als zugegangen, wenn sie an die zuletzt durch das Mitglied bekanntgegebene Anschrift bzw. E-Mail-Adresse gesandt wurde.
(3) Anträge zur Tagesordnung können durch die Mitglieder begründet an den Vorsitzenden bis zu zwei Wochen vor der Versammlung gestellt werden. Verspätet eingehende Anträge werden nur behandelt, wenn deren Dringlichkeit durch die Mitgliederversammlung festgestellt wird.
(4) Der Vorsitzende kann bei der Einladung vorsehen, dass Mitglieder auch ohne Anwesenheit am Versammlungsort im Wege der elektronischen Kommunikation an der Versammlung teilnehmen und Mitgliedschaftsrechte ausüben können (hybride Versammlung).
(5) Die Mitgliederversammlung kann auch als rein virtuelle Mitgliederversammlung ohne physischen Versammlungsort stattfinden. Die Entscheidung hierüber trifft der Vorsitzende.
(6) Sofern die Mitgliederversammlung in hybrider oder virtueller Form stattfindet, sind die Mitglieder in geeigneter Form darüber zu informieren, wie sie ihre mitgliedschaftlichen Rechte, insbesondere ihr Rede-, Antrags- und Stimmrecht ausüben können.
Unterschleißheim, 22.03.2023
Uwe Peetz
Landesgeschäftsführer
Hinweis: Alle Angaben basieren auf der Richtigkeit uns erteilter Auskünfte und unterliegen Veränderungen. Eine Gewähr kann deshalb nicht übernommen werden.