Sonntag, 19 November 2006 00:00

Unfall-Tragödie mitten in Bad Bocklet

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BAD BOCKLET Das wünscht man keinem: Als am Freitag um 17:55 Uhr in Bad Bocklet die Sirenen heulen, springen die Feuerwehrleute in ihre Autos. So auch jener 36-Jährige, dessen Fahrt zum Feuerwehrhaus tragisch endet. Er, der nicht weiß, dass es nur ein Übungseinsatz ist, erfasst mit seinem Renault Twingo mitten im Dorf einen Mann, den nicht nur er selbst, sondern fast jeder im Ort gut kennt: Walter Kunzmann. Der 71-jährige erliegt laut Polizeibericht noch am Freitag im Kissinger St. Elisabeth-Krankenhaus seinen schweren Verletzungen.

Das Auto habe ihn 18 Meter weit auf den Gehsteig geschleudert, berichtet die Polizeidirektion Würzburg. Über die Geschwindigkeit, mit der der 36-Jährige in der Tempo-30-Zone unterwegs war, schweigt sie sich aus. Er habe die Warnblinkanlage an seinem Auto eingeschaltet, teilt sie mit. Er und eine Unfallzeugin seien mit Schocks ins Krankenhaus gebracht worden.

Kunzmanns Bruder habe auf der anderen Straßenseite gestanden, als er die Straße überquerte und der Unfall passierte, hat Wolfgang Back erfahren. Als Bürgermeister und aktiver Feuerwehrmann hat auch er schwere Stunden hinter sich. Er begleitete die Ehefrau des 36-jährigen ins Krankenhaus und besuchte auch die Familie Kunzmanns. Und er war dabei, als Notfallseelsorger Wolfgang Schöller die Tragödie am Freitagabend noch mit den Bockleter Feuerwehrleuten aufzuarbeiten versuchte.

"Man findet keine Worte", so Back auf Anfrage. Ein Unfall wie dieser sei schlimm sowohl für den Feuerwehrmann als auch für die Familie des Getöteten. "Es hätte jeden treffen können", betont er. Und: "Vorwürfe haben hier keinen Platz."

Vorwürfe ("Die rasen doch immer!") hat Back dieser Tage des öfteren gehört, die ersten noch an der Unfallstelle, sagt er. Diese Kritik käme ausgerechnet von jenen, die sich selbst nirgendwo engagieren, wehrt er diese ab.

Wenn's zum Einsatz geht, werde Tempo 30 "natürlich nicht eingehalten", sagt er. Schließlich gehe es bisweilen um Minuten, wenn nicht Sekunden. Dennoch tragen auch Feuerwehrleute im Einsatz volle Verantwortung für Unfälle, die sie verursachen, erläutert Back und zitiert Kreisbrandrat Helmut Rittelmeier: Dergleichen habe er in seiner 18-jährigen Dienstzeit noch nie erlebt, habe ihm dieser gesagt.

Kunzmann war in Bad Bocklet bestens bekannt: Er war Gemeinderat und Feldgeschworener, engagierte sich als Landwirt für die Flurbereinigung; er war Jagdvorsteher, Ortsobmann beim Bayerischen Bauernverband, Mitglied bei der Feuerwehr und beim Gesangverein Liederkranz, Gründungsmitglied beim TSV Bad Bocklet, wo er in 25 Jahren 600 Fußballspiele bestritt. Seit 1997 leitete er die Geschicke der Kleingartenkolonie. Erst im Mai dieses Jahres hatte er den Obst- und Gartenbauverein gegründet und war als dessen Vorsitzender ganz stolz, als Bad Bocklet Ende September als Landkreissieger beim Wettbewerb "Lebendiges Grün in Stadt und Land" ausgezeichnet wurde. Um Kunzmann trauern seine Frau Maria, eine Tochter und ein Sohn sowie vier Enkel.

Die Übung war die einzige im Jahr, bei der die Aktiven nicht vorab informiert waren. Sie wurde abgeblasen. Der Ernstfall sorgte dafür, dass die Feuerwehrler nur die Straße sperrten. Einer der ihren versuchte, Kunzmann am Leben zu halten. Vergebens. Bei der Gedenkstunde zum Volkstrauertag gedachten die Bockleter auch des Unfallopfers. Das Stiftungsfest der Feuerwehr nächste Woche, so Kommandant Christian Horn, wird ohne Blasmusik gefeiert.

Beigesetzt werden soll Kunzmann voraussichtlich am Mittwoch um 14 Uhr. Dieser Termin ist jedoch am heutigen Montag noch zu bestätigen. Die Feuerwehr werde den Sarg zum Grab geleiten, erklärte Back. Die Familie Kunzmanns, so deutete er an, wolle mit dieser Entscheidung auch ein deutliches Zeichen setzen.

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