Das Bayerische Staatsministerium des Innern weist in einem Schreiben vom 25.01.2006 auf Einsatzhinweise hin, die das Innenministerium von Baden-Württemberg nach dem tödlichen Unfall bei einem Einsatz in Tübingen erarbeitet hat, bei dem Druckluftschaum als Löschmittel verwendet wurde und dabei durch Wärmebeaufschlagung ein Druckschlauch zerplatzt ist.
Die Hinweise des baden-württembergischen Innenministeriums lauten:
Im Rahmen der Untersuchung bzw. Nachbearbeitung des tödlichen Unfalls in Tübingen wurde in einem Praxisversuch beobachtet, dass Druckschläuche nach DIN 14811 beim Fördern von Druckluftschaum unter Wärmeeinwirkung wesentlich schneller zerplatzen können als dies bei mit Wasser gefüllten Schläuchen der Fall ist.
Sachstand:
Im praktischen Versuch versagten mit Wasser gefüllte Druckschläuche unter Beflammung durch brennende Holzstücke – vergleichbar einer Temperaturbelastung durch Brandschutt oder durch herab fallendes Brandgut - selbst nach mehreren Minuten nicht, während der mit Druckluftschaum gefüllte Schlauch bei vergleichbarer Temperaturbeaufschlagung nach kurzer Zeit (innerhalb einer Minute) zerplatzte.Erläuterung:
Dieses Verhalten könnte mit der fehlenden Wärmeabführung im Schlauch bei der Förderung von Druckluftschaum erklärbar sein. Wasser führt die von außen auf das Schlauchmaterial einwirkende Wärme weitestgehend ab. Bei Druckluftschaum ist dieser Kühleffekt je nach Wasseranteil im Schaum weitaus geringer. Bei Unterbrechung der Förderung des Druckluftschaums („Wasser halt!“) ist sogar davon auszugehen, dass überhaupt keine Kühlwirkung mehr vorhanden ist, weil der Schaum in dem von der Wärme beaufschlagten Schlauchabschnitt sofort zerfällt und im Schlauch dann nur noch komprimierte Luft vorhanden ist. Das Schlauchmaterial verliert in der Folge seine Festigkeit und versagt. Die Art und das Alter des verwendeten Schlauchmaterials haben hierauf vermutlich keine praxisrelevante Auswirkung.
Da das schnelle Platzen der Druckschläuche beim Vorgehen im Innenangriff zu gefährlichen Situationen für die vorgehenden Angriffstrupps führen kann, werden die Feuerwehren hiermit umgehend über dieses bisher so nicht bekannte Risiko informiert. Gleichzeitig wird darauf hingewiesen, dass dies auch bei Wasser gefüllten Schläuchen nicht vollständig ausgeschlossen werden kann. Der Normtest nach DIN 14811 schreibt hier bei punktueller Beanspruchung eine Brenndauer von nur zehn Sekunden vor.Verhaltenshinweis:
Den Feuerwehren mit Druckluftschaumanlagen wird empfohlen, beim Löscheinsatz auf die Förderung von Druckluftschaum in Druckschläuchen dann zu verzichten bzw. dem Wasser-/Schaummittelgemisch keine Druckluft zuzuführen, wenn die Möglichkeit einer Wärmebeaufschlagung der Druckschläuche beispielsweise durch glühende, brennende oder anderweitig erwärmte Teile besteht. Im Innenangriff sollte immer die Stellung „Nass“ nach DIN V 14430 gewählt werden. Grundsätzlich sollte immer die Möglichkeit der Wärmebeaufschlagung im Brandeinsatz unabhängig vom Löschmittel beachtet werden.Beispiel:
In der praktischen Umsetzung bedeutet dies beispielsweise, dass beim Löschen eines Zimmerbrandes in einem in Massivbauweise erstellten Gebäude Druckluftschaum eingesetzt werden kann. Bei einem Wohnungsbrand hingegen, bei dem der Angriffstrupp über abgelöschte Bereiche – wie z.B. den Flur – in weitere Räume vorgeht, sollte kein Druckluftschaum mehr verwendet werden. Gleichwohl kann dem Löschwasser dann das Schaummittel weiterhin zugeführt werden, was ebenfalls zu einer verbesserten Löschwirkung beiträgt.Diese Warnhinweise werden vorsorglich und trotz des noch fehlenden wissenschaftlichen Nachweises im Interesse der Sicherheit der Feuerwehrangehörigen gegeben. Insbesondere muss vor einer abschließenden Bewertung des Druckluftschaumverfahrens genauestens die Frage des unterschiedlichen Wärmeverhaltens geprüft werden. Genauere bzw. weitere Festlegungen sollen zu gegebener Zeit in Abstimmung mit dem Fachnormenausschuss Feuerwehrwesen erfolgen.
Alternativ kann der Text auch als PDF-Datei heruntergeladen werden (z.B. zum Ausdrucken als Aushang im Feuerwehrhaus): lbd-mitteilung-tuebingen.pdf (30 kB)