Europäische Kommission und Bundesverkehrsministerium lehnen Anhebung der Gewichtsklasse von 3,49 t auf 4,25 t ab.
Der Landesfeuerwehrverband Bayern verurteilt scharf die Aussagen eines EU-Sprechers zum Führerscheinproblem bei den Feuerwehren.
In der Sendung „Jetzt red i – Europa“ des Bayerischen Rundfunks am 04.02.09 ließ Dr. Martin Selmayr, Sprecher der Europäischen Kommission, verlauten, dass EU und Bundesverkehrsministerium eine Anhebung der Gewichtsklassen ablehnen. Begründet wurde dies von Herrn Dr. Selmayr zum einen mit den angeblich hohen Unfallzahlen bei den Berufsfeuerwehren München und Berlin. Zum anderen würde man auch keinen Zusammenhang zwischen Katastrophenschutz und Feuerwehr sehen. Eine Führerscheinregelung für Feuerwehren wie etwa in Österreich könne es auch nicht geben, da diese in Österreich nicht mehr gelten würde.
„Derartige Aussagen sind unseres Erachtens nicht nur von grobem Unverständnis geprägt, sondern ein Schlag ins Gesicht jedes ehrenamtlichen Feuerwehrdienstleistenden“, sagt Alfons Weinzierl, Vorsitzender des Landesfeuerwehrverbandes (LFV) Bayern e.V.
Zum Hintergrund: Schon vor über zwei Jahren hatte der LFV Bayern e.V. darauf hingewiesen, dass es durch die Änderung der EU-Führerscheinrichtlinie als auch durch das zunehmende Gewicht der Fahrgestelle zunehmend nicht mehr möglich ist, Tragkraftspritzenfahrzeuge mit einem Pkw-Führerschein der Klasse B (bis 3,5 Tonnen) zu fahren. Weinzierl: „Das führt zu erheblichen Problemen, gerade bei den Feuerwehren im ländlichen Raum. Deshalb fordern wir eine Anhebung der Gewichtsgrenze auf 4,25 Tonnen, wie dies auch jetzt schon für Pkw-Gespanne mit Anhänger zulässig ist. Eine bayerische Bundesratsinitiative dazu hatte bereits Erfolg.“
Der LFV Bayern hat nach der Entschließung nochmals beim Bayerischen Staatsminister des Inneren und allen bayerischen Bundestagsabgeordneten Unterstützung eingefordert. „Das Bundesverkehrsministerium scheinen aber die Belange der Feuerwehren nicht zu interessieren. Die Freiwilligen Feuerwehren werden fallengelassen wie eine heiße Kartoffel“, kritisiert Weinzierl.
„Der Vergleich des EU-Sprechers mit Unfallzahlen großer Berufsfeuerwehren geht vollkommen fehl, da dort keine Tragkraftspritzenfahrzeuge verwendet werden. Gerade um diese Fahrzeuge, die vor allem bei kleineren Ortsfeuerwehren in den ländlichen Bereichen in großer Zahl vorhanden sind, geht es jedoch“, ergänzt der Vorsitzende des LFV Bayern e.V. Ebenso unzutreffend sei die Aussage bezüglich des in Österreich geltenden Feuerwehrführerscheins. Der LFV hat sich versichert, dass der im dortigen Führerscheingesetz geregelte Feuerwehrführerschein geltendes nationales Recht ist.
„Auch die Auffassung, die Feuerwehr sei nicht Bestandteil des Katastrophenschutzes, nehmen wir mit Kopfschütteln zur Kenntnis. Mit so einer Argumentation soll nur eine Ausnahmeregelung blockiert werden, die das Bundesverkehrsministerium und die Bundesregierung schaffen könnten, wenn man nur wollte“, betont Weinzierl.
Erläuterung: Lässt der Bund die Feuerwehren fallen?
Europäische Kommission und Bundesverkehrsminister lehnen offenbar eine Anhebung der Gewichtsklasse von 3,49 t auf 4,25 t ab.
Landauf, landab werden unsere Bundespolitiker nicht müde, in ihren Reden immer wieder die Bedeutung und die Wichtigkeit des ehrenamtlichen Engagements der Freiwilligen Feuerwehren hervorzuheben. Wenn es aber darum geht, diesen Worten auch Taten folgen zu lassen, stellt sich sehr schnell heraus, dass es sich meist wohl nur um leere Worte handelt, was zumindest im Hinblick auf das Bundesverkehrsministerium so zu sehen ist.
Bestes Beispiel ist hier die von einer breiten Basis geforderte Anhebung der Gewichtsklassen von 3,49 t auf 4,25 t bei der Fahrerlaubnisklasse B. Schon vor über zwei Jahren hatte der LFV Bayern e.V. darauf hingewiesen hat, dass es sowohl durch die Änderung der EU- Führerscheinrichtlinie wie auch durch die Tatsache, dass viele Fahrzeughersteller nicht mehr in der Lage sind, Tragkraftspritzenfahrzeuge mit einem Gewicht von unter 3,5 t anbieten zu können, zu Problemen bei den Feuerwehren kommen wird.
Es war immer die Meinung des LFV Bayern e.V., dass es widersinnig ist, das Führen einer Fahrzeugkombination (Zugfahrzeug bis 3,49 t und Einachsanhänger bis 750 kg) zu gestatten, gleichzeitig aber zu verbieten, ein Fahrzeug zu führen, das für sich genommen auf zwei Achsen dieses Gesamtgewicht von 4,25t erreicht.
Vor dem Hintergrund unserer Bemühungen hat der Freistaat Bayern am 19.08.2008 einen Entschließungsantrag in den Bundesrat eingebracht, um eine Erweiterung der Fahrerlaubnisklasse B von 3,49 t auf 4,25 t zu realisieren. Der Bundesrat ist dieser Entschließung gefolgt und hat die Bundesregierung gebeten, durch eine Änderung der Fahrerlaubnisverordnung eine ausreichende Rechtsgrundlage dafür zu schaffen, dass unter anderem Angehörige der Freiwilligen Feuerwehren mit einer Fahrerlaubnis der Klasse B Einsatzfahrzeuge mit einer zulässigen Gesamtmasse bis 4,25 Tonnen fahren dürfen.
Nach dieser Entschließung haben wir uns an den Bayerischen Staatsminister des Inneren und an alle bayerischen Bundestagsabgeordneten gewandt und nochmals um Unterstützung gebeten. Von allen Seiten, von Herrn Innenminster Joachim Herrmann, der CSU Landesgruppe im Deutschen Bundestag und der Parlamentarischen Geschäftsführerin der SPD- Bundestagsfraktion, Frau MdB Petra Ernstberger, haben wir diese Unterstützung auch erfahren, da sich alle ebenfalls mit entsprechenden Schreiben an den Bundesverkehrsminister gewandt haben. Das Verkehrsministerium scheinen aber die Belange der Feuerwehren nicht zu interessieren, die Freiwilligen Feuerwehren werden „fallengelassen, wie eine heiße Kartoffel“!
Bei der Sendung „Jetzt red i – Europa“ des Bayerischen Rundfunks am 04.02.09 ließ Dr. Martin Selmayr, Sprecher der Europäischen Kommission nun verlauten, dass EU und Bundesverkehrsministerium eine Anhebung der Gewichtsklassen ablehnen. Begründet wurde dies von Herrn Dr. Selmayr zum einen mit den angeblich hohen Unfallzahlen bei den Berufsfeuerwehren München und Berlin. Zum anderen würde man auch keinen Zusammenhang zwischen Katastrophenschutz und Feuerwehr sehen. Eine Führerscheinregelung wie etwa in Österreich könne es auch nicht geben, da diese in Österreich nicht mehr gelten würde.
Derartige Aussagen sind unseres Erachtens nicht nur von grobem Unverständnis geprägt, sondern ein Schlag ins Gesicht jedes ehrenamtlichen Feuerwehrdienstleistenden.
Das Bemühen von Unfallzahlen bei den Berufsfeuerwehren München und Berlin liegt vollkommen neben der Sache, da bei diesen Berufsfeuerwehren keine Tragkraftspritzenfahrzeuge (TSF) verwendet werden. Gerade um diese Fahrzeuge, die vor allem bei kleineren Ortsfeuerwehren in den ländlichen Bereichen in großer Zahl vorhanden sind, geht es jedoch. Selbstverständlich lassen sich bei der Frage der Unfallzahlen und der Unfallhäufigkeit diese ländlichen Gebiete auch in keinster Weise mit Großstädten wie München und Berlin vergleichen.
Ebenso unzutreffend ist die Aussage bezüglich des in Österreich geltenden Feuerwehrführerscheins. Nachfragen bei Österreichischen Landesfeuerwehrverbänden und dem Österreichischen Bundesfeuerwehrverband haben ergeben, dass der im dortigen Führerscheingesetz geregelte Feuerwehrführerschein geltendes nationales Recht ist.
Nur mit Kopfschütteln kann man schließlich die Auffassung quittieren, dass Feuerwehr nicht Katastrophenschutz sein soll. Wer ist denn dann der Katastrophenschutz in Deutschland, wenn nicht (auch) die Feuerwehr? Von welcher Organisation waren denn dann die vielen tausend Helfer mit den roten Fahrzeugen bei der Schneekatastrophe im Jahr 2006 und den Hochwasserkatastrophen der vergangenen Jahre?
Tatsache ist, dass im bestehenden Gefahrenabwehr- und Hilfeleistungssystem, sowohl in Bayern wie auch auf Bundesebene unter anderem die Feuerwehren als hoheitlich tätige Institutionen und die Rettungsdienste, die hoheitliche Aufgaben erfüllen, existieren. Es gibt jedoch keine hoheitlich tätig werdende Organisation Katastrophenschutz. Katastrophenschutz ist vielmehr ein Sammelbegriff für alle nach Artikel 7 Absatz 3 BayKschG zur Hilfeleistung im Katastrophenfall Verpflichteten.
Hierzu zählt nach Artikel 7 Absatz 3 Ziffer 4 BayKschG auch die Feuerwehr, die damit im Rahmen der Katastrophenhilfe verpflichtet ist, Mannschaft, Geräte und Fahrzeuge zur Verfügung zu stellen.
Um es damit nochmals deutlich zu machen: es gibt auf Länder- und Bundesebene keinen Katastrophenschutz, sondern nur die im Katastrophenschutz mitwirkenden Hilfsorganisationen, Einrichtungen und Behörden. Dies bedeutet aber nichts anderes, als dass die Fahrzeuge der Feuerwehren im Katastrophenfall auch Fahrzeuge des Katastrophenschutzes sind bzw. der Katastrophenschutzbehörde unterstehen und damit – wie in Artikel 4, Ziffer 5, Absatz 2 der europäischen Richtlinie gefordert – deren Kontrolle unterstellt sind.
Damit aber könnten das Bundesverkehrsministerium und die Bundesregierung, so wie auch vom Bundesrat bereits gefordert, kraft eigener Kompetenz eine Ausnahmeregelung schaffen – wenn man das nur wollte! Aber scheinbar ist reden leichter als handeln.
Vielleicht interessieren den Bundesverkehrsminister und den Sprecher der Europäischen Kommission die Freiwilligen Feuerwehren nicht, vielleicht sind beide bezüglich der Sachlage auch nur einfach uninformiert.
Wenn aber Feuerwehr tatsächlich kein Katastrophenschutz ist, müssten sich die Feuerwehren vielleicht überlegen, ob sie nicht die Hilfeleistungskontingente für eine länderübergreifende Hilfe im Katastrophenfall wieder auflösen. Nach den Worten von Herrn Dr. Selmayr haben die Feuerwehren dann ja damit wohl nichts zu tun.
Der LFV Bayern e.V. kann jedenfalls für derartige Aussagen und für ein derartiges Verhalten kein Verständnis aufbringen. Wir werden alles daran setzen, eine im Interesse der Feuerwehren liegende Entscheidung herbeizuführen. Dieses Thema kann und wird für den LFV Bayern e.V. an dieser Stelle nicht abgeschlossen sein.